Dein Name bleibt

Im vergangenen Jahr wurde das Johannes-Hospiz 20 Jahre alt. Dieses Jubiläum haben wir mit verschiedenen Veranstaltungen und Akzentsetzungen gewürdigt. Wir haben der Geschichte und der Entwicklung unseres Hauses nachgespürt beim Tag der offenen Tür; wir haben einzelne Aspekte unserer Arbeit vorgestellt bei der Ausstellung in der Bezirksregierung Münster; wir haben unser Team in den Blick genommen und unser Miteinander gestärkt; wir sind dabei, unsere Haltung und unser Tun zu reflektieren durch einen neuen Leitbildprozess.

Eines der großen Anliegen, derer wir uns im Hospiz verpflichtet fühlen, ist es, „Gedenken zu bewahren“. Zu Beginn jeder Teambesprechung gedenken wir der Verstorbenen, wir erinnern uns ihrer bei den regelmäßigen Gedenkfeiern. Das augenfälligste Zeugnis dieses Gedenkens sind unsere Erinnerungsbücher, die im Andachtsraum stehen und von denen immer eines aufgeschlagen auf dem Pult liegt. So entstand die Idee, das Jubiläumsjahr mit einem „stillen Blick nach innen“ abzuschließen und die Bewohnerinnen und Bewohner in den Blick zu nehmen. Sie sind der Mittelpunkt unseres Tuns, um derentwillen wir überhaupt hier sind. 1957 Menschen sind seit der Eröffnung im Johannes-Hospiz verstorben. 1957 Menschengeschichten mit Lebenserfahrungen und Lebensleistungen, mit Brüchen und Unfertigem, mit Beziehungen und Angehörigen, mit Hoffnungen und Träumen haben hier ihren Abschluss, ihre Vollendung gefunden. 1957 Menschen konnten wir bis zu ihrem Tod begleiten, für sie Zeit und Energie investieren, ihnen ein offenes Ohr und ein offenes Herz schenken.

In einem 20-stündigen Projekt wurden die Namen all dieser Menschen vorgelesen und ihrer in einem

Moment der Stille gedacht. Wir begannen am Nachmittag und lasen die ganze Nacht hindurch bis zum folgenden Vormittag, den wir mit einem Gottesdienst abschlossen. Damit wollten wir deutlich machen, dass sie bei uns nicht vergessen sind, sondern dass die Erinnerung an sie lebendig in unserer Mitte ist.

Eigentlich waren es „nur“ Namen und wenige Zahlen, die wir vortragen konnten. Was sich dahinter verbirgt, können wir nicht erahnen; wir haben diese Menschen nur wenige Tage oder Wochen, in seltenen Fällen einige Monate kennenlernen können. Trotzdem wurden so viele Erinnerungen wach an Gespräche und Begegnungen, an so manche Eigenart und besondere, manchmal lustige Erlebnisse, dass diese 20 Stunden für uns alle – Vorlesende und Zuhörende – zu einer Zeit besonderer Dichte wurde. Gerade die Nachtstunden hatten dabei ihren besonderen Zauber.

Uns ist in diesen Stunden einmal mehr aufgegangen, welch kostbarer Schatz diese Menschen sind, die nicht nur zur Geschichte des Johannes-Hospizes gehören, sondern die eigentliche und wirkliche Geschichte des Johannes-Hospizes sind!

Das Lesen der Erinnerungsbücher hat uns ihr wertvolles Vermächtnis vor Augen geführt: Dein Name bleibt!

 

Stephan Allendorf, Hubertus Deuerling