Eine hospizliche Brücke zwischen zwei Ländern

Besuch aus Ivano-Frankivsk in Münster

Es war eine intensive Agenda für die sechs Tage zwischen dem 1. Mai und 6. Mai vorbereitet worden. Ein Einblick in palliative Versorgungsstrukturen sollte ebenso gegeben werden wie Informationen zu Fragen zur fachlichen Weiterbildung, waren doch die Gäste neben Dr. Iryna Slugotska, der Leiterin des Regional Clinical Palliative Care Center auch Prof. Anna Ersteniuk, Vize-Rektorin der National Medical University und Prof. Vasyl Mishchuk, dortiger Leiter der Abteilung für hausärztliche Versorgung und medizinische Rehabilitation. Mitgereist war die Dolmetscherin Dr. Halina Lejzjus, die mühelos zwischen der ukrainischen und der deutschen Sprache pendelte, so dass niemals der Eindruck einer Sprachbarriere bestand.

 

Versorgungsformen in Münster und Bonn

Natürlich war es dem Johannes-Hospiz als Gastgeber ein großes Anliegen, von seinen vielfältigen Tätigkeiten vor Ort zu berichten. Dabei stand am Tag nach der Ankunft der Besuch des stationären und des ambulanten Hospizes im Vordergrund. Von besonderem Interesse war dabei der Bereich „Mitarbeit und Gestaltung von Ehrenamt“. Erste Ideen wurden entwickelt, wie ein vergleichbares Modell auch in Ivano-Frankisvk aufgebaut werden könnte. Zur palliativen Versorgungsform gehört auch der palliativmedizinische Dienst eines Krankenhauses, und so war es ein besonderes Glück, sich am Universitätsklinikum Münster einen lebendigen Eindruck von seinen Aufgaben zu verschaffen. Zugleich war die Möglichkeit gegeben, das dortige sogenannte Studienhospital der Medizinischen Fakultät zu sehen. Der Studiendekan selbst führte durch das moderne Kompetenzzentrum für medizinische Simulation und stand detailliert den zahlreichen Fragen Rede und Antwort.

Als zwei weitere Höhepunkte der Reise erwiesen sich die Führung durch das gerontopsychiatrische Zentrum im Clemens-Wallrath-Haus, das eine Fülle verschiedener Angebote unter seinem Dach birgt, wie auch eine Fahrt nach Bonn, um am dortigen Malteser Krankenhaus im Kontext von Palliative Care von den Möglichkeiten rehabilitativer Therapieverfahren zu hören. Dabei konnten Geräte selbst ausprobiert werden und Anliegen besprochen werden.

Es war eine besondere Freude zu sehen, mit welch´ großer Offenheit und Begeisterung die Gäste all diese Visitationen aufnahmen und sogleich in Überlegungen zu konkreten nächsten Schritten der Entwicklung im eigenen Land formten.

 

Bildungsthemen

Es erwies sich als eine produktive Konstellation, dass die Gäste sowohl den Bereich der Praxis wie auch den der Lehre vertraten. Eines der zentralen Anliegen von Seiten der Nationalen Medizinischen Universität waren curriculare Themen für das Medizinstudium, für die Pflegeausbildung, aber auch für die Postgraduiertenschulung. Neben Inhalten und Methoden wurden auch Fragen der Zertifizierung diskutiert. Ein hohes Interesse weckten zudem die Schulungsprogramme für Ehrenamtliche und für begleitende Angehörige bei Menschen mit Demenz. Gegenwärtig bestehen in der Ukraine, so Vize-Rektorin Prof. Anna Ersteniuk, gute Möglichkeiten, Prozesse in dieser Richtung voranzubringen.

Die Zusammenarbeit zwischen der Akademie am Johannes-Hospiz und den Bildungseinrichtungen von Medizinischer Universität und Krankenpflegeschule ist ein wertvoller und zugleich von wechselseitigem Lernen geprägter Weg, den wir mit großer Initiativkraft verfolgen. Das gilt in gleicher Weise für das Gebiet der Praxis zwischen den beiden Hospizen.

 

Kultur und Erholung

Natürlich darf bei einem Besuch in Deutschland das Kulturelle und die Erholung nicht fehlen. Zugegebenermaßen war jedoch die Zeit für Müßiggang knapp bemessen. Es gab Gelegenheiten zu einer russischsprachigen Führung durch Münster, zu einem ersten Kennenlernen der Stadt Bonn, und zu einem kulinarischen Eintauchen in die westfälische Gastronomie. Während der Stadtführung durch Münster erwies es sich als ein besonderes Geschenk, im Dom dem Abschlusslied und den Auszug der neu geweihten Diakone und des Domkapitels mit Diözesanbischof Dr. Felix Genn an seiner Spitze beiwohnen zu können. Segen möge auch über unseren Projekten liegen, so empfanden wir.

Gestärkt mit einer Vielzahl an Eindrücken, neuen Impulsen und Ideen für die weitere Zusammenarbeit galt es dann Abschied von Münster zu nehmen, nicht ohne etwas Wehmut in den Stimmen. Halina Lejzjus brachte es mit Goethes Faust auf den Punkt: „Verweile doch! du bist so schön!“ Fast unnötig zu sagen, welche Freude uns Gastgebern diese Worte waren.

 

 

Bild oben:

  • Auf dem Prinzipalmarkt Iryna Slugotska, Anna Ersteniuk, Halina Lejzjus, Vasyl Mishchuk (v.r.)

Bilder von links oben nach rechts unten:

  • Im Garten des stationären Hospizes
  • Geschenkübergabe im ambulanten Hospizdienst
  • Vor dem Studienhospital
  • Im Studienhospital
  • Informationen zum gerontopsychiatrischen Zentrum
  • Im Eurocity nach Bonn
  • Im Therapiezentrum in Bonn
  • Vor dem Beethovendenkmal in Bonn